Ich muss dann häufig daran denken, wie ich als Kind diese Zeit verbracht habe. Und dann schau ich mich um und sehe, wie sehr sich das alles verändert hat.
Kids heute... Göttin, das klingt als wäre ich 42! Aber trotzdem! Kids heute hängen im Herbst vorm Rechner, verblöden beim Glotzen vor der Mattscheibe, nerven ihre Eltern mit Sätzen wie "Mir is' langweilig" und geben Leuten wie mir das Recht zu behaupten, früher sei alles besser gewesen.
Ging auch mal daneben, aber wir leben alle noch. |
Ohja, und das habe ich. Das Höhlen bauen wird ja auch eine ziemlich dreckige Angelegenheit wenn es regnet. Noch dreckiger wurde es, wenn besagte Höhlen über mir einstürzten.
Meine Fingernägel waren schwarz von der Rinde irgendwelcher Stöcker, die ich mit meinem Schweizer Taschenmesser zerschnizte. Wurzeln und modrige Äste, die ich aus dem benachbarten Sandhügel riss, wurden zu Drachen und anderen Monstern, die mit mir auf Abenteuerjagd gingen..
Er hier erzählt tolle Geschichten :) |
Aber um meiner damals grenzenlos scheinenden Phantasie freien Lauf zu lassen, spielte ich am liebsten allein.
Können Kinder das heute noch? Trinken sie Tee am Baumstumpf mit Schnecken und Waldwesen aus Blättern und Moos? Finden sie Schätze unter Haufen von Ästen, in denen die Igel sich verkriechen? Schleichen sie auf allen Vieren durch den 30 Zentimeter tiefen Schnee, weil sie sich als Säbelzahntiger an die Urzeitpferde heran pirschen? Hach, ja das war herrlich damals... in meinem Kopf lief dabei immer ein Dokumentarfilm ab... Ich liebte Dokumentarfilme! Und während der Schnee mittlerweile meine Winterkleidung durchnässt hatte, kommentierte eine tiefe männliche Stimme in meinem Kopf: "Auf seiner Jagd nach Urzeitpferden ist der Säbelzahntiger äußerst geduldig, denn er hat nur Energie für einen Angriff. Wenn er diesen vermasselt, wird er während des kalten, harten Winters verhungern."
Ab auf die Pirsch! |
Oh, es war eine tolle Zeit. Mehr denn je, wenn ich mich jetzt umsehe und feststelle, wie wenig Kind die Kinder heute noch sind. Sie haben die Fähigkeit verloren sich an der Natur zu erfreuen. Sie sehen keine Gesichter in Astlöchern, retten keine verletzten Vögel... Sie stehen nicht im Weizenfeld und spüren das Kitzeln der Gräser, wenn der Wind hindurchfährt. Sie haben keine Phantasie.
Das macht mich sehr traurig.
Und das ist einer der Gründe, weshalb ich meiner Familie heute dafür danke, ganz hinterwäldlerisch auf dem Dorf groß geworden zu sein. Zwischen Kuhkacke und Weidezäunen, in Baumkronen oder Melkställen, auf Pferden und Dächern, lachend, singend, weinend und vor allen Dingen kindlich.
Hi, ein wahrlich wunderschönes & ehrliches Text-Meisterwerk zum Leben. Danke dafür und liebe Grüsse aus Bochum.
AntwortenLöschenHerzlichen Dank :) <3
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